Verbände und Kammern im Schulterschluss gegen nationale Anzeigepflicht

Mit dem dringenden Appell „Keine Meldepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen einführen“ wenden sich die Kammern und Verbände betroffener Unternehmen, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte gegen den erneuten politischen Vorstoß im Steuerfortentwicklungsgesetz.

Der Bundesrat hat am Freitag, den 27.9.2024, zum Gesetzentwurf Stellung genommen. Er ist dem Vorschlag des Wirtschaftsausschusses zur Streichung der geplanten Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen nicht gefolgt. Der Gesetzentwurf – nebst Regelungen zur nationalen Anzeigepflicht – liegt damit nun im Bundestag.

Statement

Die unterzeichnenden Organisationen wenden sich mit einer dringenden Bitte an die Mitglieder von Bundesrat und Bundestag: Verzichten Sie auf die Einführung einer Meldepflicht für inner-staatliche Steuergestaltungen. Die Einführung einer derartigen Meldepflicht würde den regel-mäßig von Seiten der Politik zugesagten Abbau von bürokratischen Belastungen bei den Un-ternehmen konterkarieren.

Neben der hohen Abgabenlast gehört die enorme steuerliche Bürokratie in Deutschland zu den wesentlichen Standortnachteilen im internationalen Wettbewerb. Betroffen sind neben den Unternehmen ebenso deren Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte.

Die Bürokratielasten sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit sind die Einführung einer globalen Mindestbesteuerung, das Lieferkettensorg-faltspflichtengesetz, die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), die grenz-überschreitende Meldepflicht für Steuergestaltungen (DAC 6) sowie die drastische Ausweitung der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD). Melde- und Berichtspflichten sowie Dokumenta-tionspflichten sollten daher durchgängig abgebaut werden, statt neue Bürokratie zu schaffen. Zusätzliche Belastungen sind insbesondere angesichts der extrem angespannten wirtschaftli-chen Lage unzumutbar.
Bereits die Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen hat nur einen geringen Erkenntnisgewinn gebracht (vgl. Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BT-Drs. 20/6734 vom 08.05.2023). Die Finanzverwaltung hat schon jetzt mehr Informationen, als sie verarbeiten kann.

Wir fordern daher, die aktuell im Entwurf des Steuerfortentwicklungsgesetzes erneut aufge-griffenen Regelungen zur Einführung einer Meldepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen zu streichen. Bereits im Rahmen des Wachstumschancengesetzes haben die Länder deren Einführung nicht unterstützt. Die Bundesregierung sollte dieses Votum der Länderkammer ernst nehmen.

In ihrem Abschlussbericht vertritt auch die Expertenkommission „Vereinfachte Unternehmens-steuer“ die Auffassung, innerstaatlich bestünde kein Informationsdefizit wie im grenzüber-schreitenden Bereich. Zudem bestehe keine vergleichbare Gefahr, dass bei innerstaatlichen Gestaltungen Steuersubstrat ins Ausland abfließen könnte. Aufwand und Ertrag der neuen Mitteilungspflicht stünden daher zueinander in keinem vertretbaren Verhältnis.

Für die Unternehmen und deren Berater würde eine weitere Meldepflicht den Einsatz zusätz-licher Ressourcen in unproduktiven Bereichen erfordern. Der Standort Deutschland würde wei-ter belastet, was angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Krise sowie der erforderlichen In-vestitionen in die ökologische und digitale Transformation kontraproduktiv wäre.

Die Ausweitung der Mitteilungspflichten für Intermediäre auf innerstaatliche Steuergestaltun-gen würde zudem eine weitere rechtsstaatswidrige Aushöhlung der Verschwiegenheitspflicht bedeuten, die für Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer gleichermaßen gilt. Mandanten könnten sich ihrem Berater nicht mehr vollständig und uneingeschränkt anver-trauen, ohne befürchten zu müssen, dass die Tatsache ihrer Beratung sowie deren vertrauli-che Inhalte bekannt würden.
Wir lehnen daher eine Meldepflicht für legale innerstaatliche Steuergestaltungen ab. Bitte fol-gen Sie dem überzeugenden Votum des Wirtschaftsausschusses des Bundesrates, der emp-fohlen hat, von dem Vorhaben Abstand zu nehmen (vgl. BR-Drs. 373/1/24 vom 17.09.2024 unter Nr. 11). Aus Sicht des Ausschusses behindern zusätzliche Meldungen über nahezu aus-schließlich bereits bekannte Gestaltungen die Erledigung wichtiger Aufgaben. Bei rein inner-staatlichen Sachverhalten habe die Finanzverwaltung auch ohne ein aufwendiges und büro-kratisches Meldesystem bereits einen guten Überblick über die verschiedenen Gestaltungen. Aufgrund der ohnehin schon hohen Belastung könne eine zeitnahe Auswertung nicht gewähr-leistet werden.

Wir appellieren an Sie, sich für einen Verzicht auf eine Meldepflicht innerstaatlicher Steuerge-staltungen einzusetzen und damit einen unnötigen Aufbau von Bürokratie für die Wirtschaft und die Finanzverwaltung zu verhindern.